Dirk Uhlig

produzent

immer wenn ich müde werde, sage ich mir, ich nehme mich zu wichtig & mache weiter, nehme teil am straßenverkehr, als berufstätiger, als einer, der aus dem koffer lebt, oder besser gesagt, seine koffer ständig gepackt hat. schalte ich das autoradio ein, höre ich die uhrzeit, die nachrichten, das wetter, die straßenverkehrshinweise. so geht meine tägliche zen-übung. selbstvergessen fahre ich weiter. ich sehe übrigens keinen zusammenhang mehr zwischen meinen tagträumen & meinem täglichen gehabe. seit mittwoch habe ich vergessen, die vögel meiner nachbarin zu versorgen. sicher sind sie schon von der stange geplumpst. ich höre dieses mixtape. es gefällt mir so gut & ich stelle mir vor, ich selbst sei der dj, der diese sounds mischt, die beats aufeinander abstimmt, schlimmer noch, die menge im griff hat & zum rumhopsen bringt. ich denke mir jeden handgriff des djs, bis mir nicht länger entgeht, daß ich bloß ein auto steuere, auf dem weg zur geregelten arbeit bin, keinen plattenspieler bediene, ja nicht einmal so ein gerät besitze. das meine ich. ich meine, ich strenge mich total an & so, keine scheiße zu bauen. ich halte so verdammt haus mit meiner zeit & komme doch zu nichts gescheitem. jeder macht sich wohl so sein bild zurecht, ich meine, wie er von anderen angesehen werden will. jeder, den ich kenne, will auf seine weise ein künstler sein, am besten noch in aufbuchsstimmung, nicht festgelegt & immer am ausprobieren. drunter geht's nicht. ehrlich gesagt, abends, wenn uns der job erledigt hat, geht es allen gleich. man wünscht sich nur noch, leicht angedudelt vorm fernseher wegzuratzen. aber über die abende redet nie einer. würde nur abturnen. im grunde ist das leben nähmlich, mit h geschrieben, ziemlich dämlich.

füttern was immer an dir frißt

im selben haus wohnen, d.h. es bedeutet keine anstrengung, sich aus dem bett zu schälen, kleider überzuwerfen, eine treppe hochzusteigen, an deiner zimmertür zu klopfen & unaufgefordert einzutreten, verlegen zwar, egal wie erwünscht das um diese uhrzeit auch sein mag, hat man ein klopfendes herz & macht genau das, was man sich geschworen hat, auf keinen fall gar nie mehr zu tun. nicht wieder reinfallen, auf ein dringendes gefühl, dieses besser als gar nichts, dieses sich heute nicht aushalten & bei jemandem vorbeischauen müssen. die tür öffnen. du schaust genervt, dann betreten. sitzt im schaukelstuhl & strickst dazu. zu sagen habt ihr euch eh nichts. gar nichts. schwein. sag mir nicht wie blöd ich bin. will eh nichts wissen. schweig. knie schon auf den boden. die hände fummeln an deinem knie. du schaust weg. absichtlich. schiebe deine beine auseinander & reibe an deiner jeans & schmeichel mich ein & versuche, auf keinen fall grob, auf keinen fall ungeduldig zu werden. ich werde lieber selber verführt. das steht fest. versuche einfach nett zu sein. haha, die hintergedanken. befriedigt mich nicht. das steht fest. stundenlanges streicheln & keine reaktion. bis irgentwann viel später das strickzeug zu boden fällt & deine hand flüchtig meinen kopf streift, dein unterleib tiefer rutscht, sich mein gesicht in deinem schritt schiebt. halts maul. du sagst, das geht so nicht. liegst flach. flach auf dem rücken. schaust weg. die decke starr an. wurschtel dir umständlich die jeans von den beinen. streichle dich warm. mit der strumpfhose hilfst du mir. rolle deinen slip zu einer bretzel. habe deine haare im mund. darauf läuft es ja hinaus. liege einigermaßen unbequem auf dem bauch, auf dem holzfußboden. der nacken wird steif, nur meine zunge, meine lippen. zeit zu kommen. dein mund entläßt keinen laut, nur dein unterleib wiegt sich. ist alles vorbei. sage noch irgentwas. versuche zu lachen. ziehst dich einigermaßen verlegen an. bedeutet ja nichts. bleibe nicht wesentlich länger. verabschiede mich höflich. werde es nicht wieder zulassen. ehrlich.

junggesellenbude

was der sich wohl zusammenreimt. geile frau zum vögeln & nie mehr sehen müssen. so in der art. wie ich da wieder reingeschlittert bin. fast klassisch. muß mal meinen besoffenen kopf etwas frisch machen. irgentwie. sein geschwafel sollte ich mal unterbrechen. ob sein schwanz riecht. wenn ich jetzt nicht achtgebe, werde ichs noch in erfahrung bringen. nein, bin ich eigentlich nicht scharf drauf. scheiße, wie war das noch. er zeigt mir seinen plattenspieler, macht auf dj & ich muß wohl die dj matraze abgeben. frage wohl besser schon mal nach dem bad. ist draußen. also vielleicht kann ich ihm so nachher durch die finger schlüpfen. flippe mal kurz durch seine platten. überzeugt mich gar nicht, wenn ich immer in so einem winzigen zimmer hausen, fressen, ficken, auflegen, alles mögliche machen müßte, hey, du kannst wohl annehmen, daß auch ich immer auf achse wäre. aber ich muß mir das jetzt alles gar nicht reintun. der typ ist kräftig. der steckt mich locker in die tasche. könnte zum problem werden. muß nüchterner werden. die polsterbedeckten wände sind superfieß. im kleiderschrank hat er bestimmt eine onaniervorlage hängen, so eine billige tittenmaus, so richtig abgeschmackt stelle ich mir das vor. er ist jünger als ich. macht ihn nervös. was der wohl an mir findet. muß doch eine andere welt für ihn sein. steht halt auf meine tätowierung. denkt sich, ich sei leicht zu haben, wenn sie das erstmal denken, hey, du kannst sie nicht mehr ausbremsen. er gibt sich dabei echt mühe. will noch was zu trinken auftreiben. ich gehe dann wohl mal besser. sage ihm nur ich müßte mich kurz frischmachen. hoffentlich begegnet mir unterwegs eine taxe. schlußendlich mache ich mich meistens noch rechtzeitig auf den weg. zu fuß aus dem staub. kann mit schnellem sex halt nichts anfangen. zu schnell passiert. & und der nachgeschmack ist übel, in letzter zeit.

u-kurs

wir haben fest mit ihr gerechnet, ihr für die zeit ein päckchen mitgegeben. für jeden tag eine kleinigkeit, eine bespielte cassette, eine bemalte postkarte, irgentwas, das sie erfreuen & an uns erinnern könnte. an unser leben. sie ist in keiner sekte, oder so. so schlimm ist es nicht. aber die leute dieser freikirche halten sich an gewisse regeln. sie würde nie in hosen auf der straße rumlaufen oder rockmusik hören. noch nicht mal diese christliche rockmusik. wir wollten mal alle zusammen auf ein folkkonzert. war eigentlich schon alles abgemacht & besprochen. kurz vorher hat sie dann doch gekniffen. ihre eltern sind gar nicht so. ihr vater trinkt auch mal ein bier abends. die eltern müssen gar keinen druck auf sie ausüben. steckt alles so dermaßen in ihr drin. jedenfalls hatte sie schon wochen vorher eine heidenangst vor diesem seminar, dem u-kurs. ich sagte schon im scherz unterwerfungs-kurs. alle jungen frauen der gemeinde lebten eine zeitlang zusammen, um zu beten & so. natürlich alle in unauffälligen kleidern. am ende dises u-kurses bekehren sich in der regel alle frauen, legten ein gelübde ab, keine drogen, kein sex vor der ehe & so. wieder kein zwang & doch war sie die einzige, die kein gelübde ablegte. wir waren mächtig stolz auf sie, dennoch wollte sie nach dem u-kurs monatelang gar nicht viel von uns wissen. ist immer nur zuhause rumgehockt, irgentwie voll verschüchtert & hat sich alles aus der nase ziehen lassen. wie in der gruppe sachen auf den tisch kamen, die die betreuer irgentwie in erfahrung gebracht hatten. wie dann offensichtlich wurde, daß in der gemeinde über jeden buch geführt wurde, jeder die unarten des anderen in erfahrung zu bringen suchte, um diese dann der gruppe preiszugeben. sie hatte wohl arge schwierigkeiten, wegen dem schlechten umgang mit uns. während des u-kurses wurde sie immer wieder von den betreuern beiseite & ins gebet genommen, bis sie nicht mehr wußte, wo ihr der kopf stand. sie hätte der permanenten aufmerksamkeit & freundlichkeit der betreuer nichts entgegenzusetzen gehabt. habe sich nicht zurückziehen können. richtig offen läßt sie mit sich reden. sie hält irgentwie zu uns & das ist schon viel. deshalb würde sie niemals aufhören, regelmäßig mit den eltern zur messe zu gehen.

urban blues

das auto fährt auch nachts. es ist morgen. vorsichtshalber die augen verbunden. was auf mich zukommt, fährt an mir vorbei. ich muß die linke box reparieren lassen. die rechte box dröhnt. schwül aufgeladen wummert der baßlauf. hysterisches glucksen. ist es der tank. dann ist schluß mit lustig. ein großes tier im fernlicht. augen, die blinken, verharren. macht sich zum glück davon. nimmt die richtige richtung. läuft vor der straße davon. die beine auf dem bett bluten wie schweine. nichts treibt mich heim. alle sind sie nackt. die andere seite des spiegels wird besungen. vielleicht war ich frührer einmal ähnlich veranlagt. das auto fährt auch nachts. treibt mich fort. was dem einen der sex ist, ist dem anderen droge. bodenloses stürzen. der außenspiegel blendet. der cassettenrekorder leihert. falsch eingestellt & läßt sich nicht lauter drehen. es blubbert astral. noch eine hirnwindung. steinchen prasseln gegen die dunkle windschutzscheibe. schlagen ein & doch geschieht nichts. wie stellst du dir die wirkung vor. ich werde mir die seele entleiben, aureißen & mitnehmen, in das verdammte zimmer. werde es mit deinem busenfreund treiben & ihn anschließend wieder dir überlassen. lohn genug. ich komme mir ziemlich lahm vor, einen moment lang. der himmel voller arschgeigen. wer nach sternen zu greifen gelernt hat, so daß man ins grübeln, ins stocken, ins zweifeln gerät. am ende fährt die freude doch wieder ins heillose, kommt nicht zum versprochenen höhepunkt. es ist morgen. morgen, sage ich.