Lars Bulnheim

Burlesque du Rap

Für Hip Hop Hörer gibt es nichts zu lachen, ständig müssen sie sich mit den Wirrungen der Black Politics auseinandersetzen.
Oder sie müssen sich Vorwürfe anhören, die da lauten: Sexismus, Gewaltverherrlichung, Antisemitismus, gar Pornographie ist auf solchen Schallplatten zu hören. Und wer sich solch widerliche Dinge anhört, der macht das alles auch noch garantiert nach, die Gebrauchsanweisung zum schlechten Menschen halt.
Sodom und Gomorrha stünden ins Haus, würden die Hörer die Texte verstehen. Es ist schon merkwürdig, mit der Politisierung von Rap kamen die weißen Hörerscharen. Anscheinend bedurfte es dieser obskuren Legitimation. Dabei wurde geflissentlich übersehen, daß Feind und Konsument identisch sind. Es gehört schon eine Portion Masochismus dazu, 25 DM für eine Platte auszugeben, die dich als Mörder betitelt. Dabei ist ein Heer von "weißen Schwarzen" entstanden, die jedes soziale Problem der USA am Stammtisch durchexerziert haben. Man muß die Wahrheit nur durch die Baßbox abbekommen und dann kommt lecker Gutes aus den Ritzen gequollen. Die Tat soll doch bitte Schweiß der Argumente sein, und wen sie dann nicht aufgehängt haben, dem bringen sie ihre Sprache bei. Wahres wird ausschließlich über Umgangssprache verbreitet, dort wo geschwatzt wird, gibt es Information, Beschränkung ist Demagogie. Deshalb sind die Maulaffen, die Biz Markie, The Pharcyde oder Bobby Jimmy feilbieten, repräsentativ.
Aber schauen wir doch mal nach, wo der Bartels den Most holt. In dem ersten Drittel diese Jahrhunderts entstand der Jive, vertontes Straßengeplauder. In den 50iger Jahren wurde der Rhythm & Blues rauher und rhythmischer, und man nannte ihn fortan Rock'n Roll. Rock ist übrigens ein klassisches "Four letter word" (Dale Hawkins). Pigmeat Markham erzählte Witze über solche Musik, Rudy Ray Moore trat zum ersten mal in Erscheinung, in den Sechzigern sollten sie beide Karrieren als Stand-Up-Comedians machen. Rudy Ray Moore wurde schließlich zum Underground Blaxploitation Filmstar als Dolemite. Seine Security bestand aus 5 Kung Fu kämpfenden Damen, die ihm den Weg frei prügelten. Eine andere bemerkenswerte Figur war Blowfly, seine Masche war, bekannte Soulgassenhauer in Pornographie umzuwandeln. Er ließ die Metapher außen vor, so wurde aus "Rock" wieder "Fuck". Blowfly war einer der ersten, der über Discotracks rappte. Wenn er nicht so versaut gewesen wäre, würden seine Verdienste als Oldschool Pioneer heute sicher anerkannt werden.
Die Entertainer Explosion, die heute unter Oldschool Rap firmiert, war genau von diesem Geist geprägt. Spaß an der Dekonstruktion von Sprache, gegen die Kreuzworträtselmentalität. Die Rapper trugen damals noch keine Sportswear als Uniform, es gab rappende Vampire, Handpuppen, Rentner, Comicfiguren, alles war erlaubt, alles war Show.
Wenn sich Biz Markie aus diesem Fundus bedient und Jockos "Rhythm Talk", das über dem Discohit "Ain`t no stoppin' us now" (Mc Fadden & Whitehead) gemacht wurde, in sein fantastisches "Let me turn you on" umwandelt, ist das nur gerecht. Mußte Biz doch seine dritte LP einstampfen lassen, weil die Samples nicht geklärt waren. Dafür hieß dann die folgende Platte "All samples cleared". Ansonsten posierte er gerne nasebohrend auf dem Scheißhaus. In dem Beastie Boys Magazin Grand Royal findet sich eine Flexi auf der er Elton John covert. Alles sieht so aus, als sollte 1996 das Jahr für Biz Markie werden. Verdient hätte er es.
Die Jerky Boys machen Hörspiele aus Telefongesprächen, sie sind B-Boys nicht nur weil sie auf Select Records erscheinen, ihr Humor ist der der Straße. Da beschweren sich Kunden von Pizzadrives, weil die bestellte Pizza erst nach Stunden kalt ankam und dann noch die ganze Familie vergiftet hat, schwule Friseure sind auf Jobsuche, aufgeplatzte Warzen am Arsch werden übers Telefon behandelt. Lustig, lustig. Die Jerky Boys haben gerade ihren ersten Spielfilm abgedreht, aber für Deutschland hat sich natürlich kein Verleih gefunden. Lily Tomlin, eine Komikerin aus den 70igern, hatte das selbe Konzept, auch sie stellte abstruse Telefongespräche nach.
Ein anderer Godfather of Rap ist natürlich Cassius Clay, auf "I am the Greatest" vermöbelt er seine Gegner verbal.
Na ja, hört euch zu guter letzt noch Hudson & Landry Schallplatten an!
Weg mit der brettsteifen Grammatik - It's a Gas!

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